Monika Maron, Zwischenspiel: Unterschied zwischen den Versionen
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Der Roman erzählt von einem außergewöhnlichen Tag im Leben der sechzigjährigen Museumsangestellten Ruth, deren Sichtweise auf ihr Leben durch ein vermeintliches Naturphänomen am Himmel scheinbar ins Rutschen gerät, wodurch Vergangenes und längst vergessen Geglaubtes in ihr wieder wachgerufen wird. Die plötzlich aufgetretene Sehstörung ausgerechnet am Beerdigungstag von Olga, die beinahe ihre Schwiegermutter geworden wäre, lässt die reale Welt als "impressionistische Variante" (S.31) erscheinen, während das Erinnerte erstaunlicher Weise seine klaren Formen beibehält. | Der Roman erzählt von einem außergewöhnlichen Tag im Leben der sechzigjährigen Museumsangestellten Ruth, deren Sichtweise auf ihr Leben durch ein vermeintliches Naturphänomen am Himmel scheinbar ins Rutschen gerät, wodurch Vergangenes und längst vergessen Geglaubtes in ihr wieder wachgerufen wird. Die plötzlich aufgetretene Sehstörung ausgerechnet am Beerdigungstag von Olga, die beinahe ihre Schwiegermutter geworden wäre, lässt die reale Welt als "impressionistische Variante" (S.31) erscheinen, während das Erinnerte erstaunlicher Weise seine klaren Formen beibehält. | ||
Ruth hat sich entschlossen an der Beerdigung von Olga teilzunehmen, "weiße Rosen mit einer kleinen weißen Schleife: In Liebe, Ruth" (S.7) bestellt und bricht rechtzetig mit ihrem Wagen zum Friedhof am östlichen Stadtrand Berlins auf. Trotz guter Vorbereitung und Navigationsgerät verfährt sie sich jedoch, und die Fahrt endet schließlich an einem Park. Nachdem Ruth bereits im Autoradio plötzlich Olgas Stimme gehört hat, versäumt nun zwar deren Beerdigung, trifft aber stattdessen auf einer Bank in diesem Park Olga selbst. Später begegnet ihr Bruno, der früh verstorbene Jugendfreund ihres Mannes Hendrik. Ein Hund läuft ihr zu und begleitet sie durch den Park und die immer rätselhafter werdenden Erlebnisse dieses Tages, zu denen Begegnungen mit dem Ehepaar Honecker, später mit dem einem Porträt des 15. Jahrhunderts entsprungenen bösen Menschen gehören und die schließlich in einem "wilden Getümmel"(S.185)gipfeln, das stark an Goyas Gemälde "Das Begräbnis der Sardine" [https://de.wikipedia.org/wiki/Das_Begr%C3%A4bnis_der_Sardine] erinnert. Mit Einbruch der Dunkelheit ist der Spuk vorbei, | Ruth hat sich entschlossen an der Beerdigung von Olga teilzunehmen, "weiße Rosen mit einer kleinen weißen Schleife: In Liebe, Ruth" (S.7) bestellt und bricht rechtzetig mit ihrem Wagen zum Friedhof am östlichen Stadtrand Berlins auf. Trotz guter Vorbereitung und Navigationsgerät verfährt sie sich jedoch, und die Fahrt endet schließlich an einem Park. Nachdem Ruth bereits im Autoradio plötzlich Olgas Stimme gehört hat, versäumt nun zwar deren Beerdigung, trifft aber stattdessen auf einer Bank in diesem Park Olga selbst. Später begegnet ihr Bruno, der früh verstorbene Jugendfreund ihres Mannes Hendrik. Ein Hund läuft ihr zu und begleitet sie durch den Park und die immer rätselhafter werdenden Erlebnisse dieses Tages, zu denen Begegnungen mit dem Ehepaar Honecker, später mit dem einem Porträt des 15. Jahrhunderts entsprungenen bösen Menschen gehören und die schließlich in einem "wilden Getümmel"(S.185)gipfeln, das stark an Goyas Gemälde "Das Begräbnis der Sardine" [https://de.wikipedia.org/wiki/Das_Begr%C3%A4bnis_der_Sardine] erinnert. Mit Einbruch der Dunkelheit ist der Spuk vorbei, Ruth sieht die Realität wieder klar. | ||
Ein Hauptthema dieses Romans ist die Frage nach der Identität. In einer Art Bilanz | Ein Hauptthema dieses Romans ist die Frage nach der Identität. In einer Art Bilanz reflektiert die Protagonistin die verschiedenen "Ichs" (S.17) ihrer Vergangenheit, die jeweils abhängig waren von den persönlichen und politischen Lebensumständen und die sie ganz oder teilweise vergessen bzw. verdrängt hat. | ||
Die moralischen Fragen von Schuld und Verrat bilden einen weiteren Schwerpunkt des Romans in zahlreichen Rückblenden und in den imaginierten Gesprächen der Ich-Erzählerin Ruth mit Olga, deren Motto "Schuld bleibt immer, so oder so" (S.34) lautet, und mit Bruno. Ruth muss erkennen, dass sie bei allen wesentlichen Lebensentscheidungen nicht verhindern kann, entweder an sich selbst oder an ihren Mitmenschen schuldig zu werden. Es scheint keinen Mittelweg der Schuldlosigkeit zu geben. | |||
Als Gegenpol zu dieser existentiellen menschlichen Problematik setzt der Roman ein Tier ein, ähnlich wie schon in Marons Romanen "Endmoränen" [[Sieglinde Krause: Analyse von Monika Marons Roman "Endmoränen"]] und "Ach Glück". Der Hund lebt ohne Selbstbewusstsein als schuldunfähige Kreatur ganz im Augenblick, genießt die Zuwendung, die Ruth ihm den Tag über gibt, und kehrt abends ohne sich umzuschauen zu seinem Besitzer zurück. | |||
== Figuren == | |||
====Olga==== | |||
====Bruno==== | |||
====Hendrik und Bernhard==== | |||
====Ehepaar Honecker==== | |||
====der böse Mensch==== | |||
== Identität == | |||
== Schuld == | |||
== Kunst und Tod == | |||
== Fünf Gründe, warum Monika Maron auf den Hund kommt == | |||
== Alterstopoi == | |||
== Gattungseinordnung == | |||
== Erzählweise == |
Version vom 23. Juli 2014, 16:59 Uhr
Achtung: Hier handelt es sich um 'work in progress', wir experimentieren mit der Erstellung einer Analyse in kollektiver Autorschaft
vgl. [1]
zur Biographie vgl. Sieglinde Krause: Analyse von Monika Marons Roman "Endmoränen"
Inhalt
Der Roman erzählt von einem außergewöhnlichen Tag im Leben der sechzigjährigen Museumsangestellten Ruth, deren Sichtweise auf ihr Leben durch ein vermeintliches Naturphänomen am Himmel scheinbar ins Rutschen gerät, wodurch Vergangenes und längst vergessen Geglaubtes in ihr wieder wachgerufen wird. Die plötzlich aufgetretene Sehstörung ausgerechnet am Beerdigungstag von Olga, die beinahe ihre Schwiegermutter geworden wäre, lässt die reale Welt als "impressionistische Variante" (S.31) erscheinen, während das Erinnerte erstaunlicher Weise seine klaren Formen beibehält.
Ruth hat sich entschlossen an der Beerdigung von Olga teilzunehmen, "weiße Rosen mit einer kleinen weißen Schleife: In Liebe, Ruth" (S.7) bestellt und bricht rechtzetig mit ihrem Wagen zum Friedhof am östlichen Stadtrand Berlins auf. Trotz guter Vorbereitung und Navigationsgerät verfährt sie sich jedoch, und die Fahrt endet schließlich an einem Park. Nachdem Ruth bereits im Autoradio plötzlich Olgas Stimme gehört hat, versäumt nun zwar deren Beerdigung, trifft aber stattdessen auf einer Bank in diesem Park Olga selbst. Später begegnet ihr Bruno, der früh verstorbene Jugendfreund ihres Mannes Hendrik. Ein Hund läuft ihr zu und begleitet sie durch den Park und die immer rätselhafter werdenden Erlebnisse dieses Tages, zu denen Begegnungen mit dem Ehepaar Honecker, später mit dem einem Porträt des 15. Jahrhunderts entsprungenen bösen Menschen gehören und die schließlich in einem "wilden Getümmel"(S.185)gipfeln, das stark an Goyas Gemälde "Das Begräbnis der Sardine" [2] erinnert. Mit Einbruch der Dunkelheit ist der Spuk vorbei, Ruth sieht die Realität wieder klar.
Ein Hauptthema dieses Romans ist die Frage nach der Identität. In einer Art Bilanz reflektiert die Protagonistin die verschiedenen "Ichs" (S.17) ihrer Vergangenheit, die jeweils abhängig waren von den persönlichen und politischen Lebensumständen und die sie ganz oder teilweise vergessen bzw. verdrängt hat.
Die moralischen Fragen von Schuld und Verrat bilden einen weiteren Schwerpunkt des Romans in zahlreichen Rückblenden und in den imaginierten Gesprächen der Ich-Erzählerin Ruth mit Olga, deren Motto "Schuld bleibt immer, so oder so" (S.34) lautet, und mit Bruno. Ruth muss erkennen, dass sie bei allen wesentlichen Lebensentscheidungen nicht verhindern kann, entweder an sich selbst oder an ihren Mitmenschen schuldig zu werden. Es scheint keinen Mittelweg der Schuldlosigkeit zu geben.
Als Gegenpol zu dieser existentiellen menschlichen Problematik setzt der Roman ein Tier ein, ähnlich wie schon in Marons Romanen "Endmoränen" Sieglinde Krause: Analyse von Monika Marons Roman "Endmoränen" und "Ach Glück". Der Hund lebt ohne Selbstbewusstsein als schuldunfähige Kreatur ganz im Augenblick, genießt die Zuwendung, die Ruth ihm den Tag über gibt, und kehrt abends ohne sich umzuschauen zu seinem Besitzer zurück.